Bei Erkältung einfach schnell mal die Krankschreibung online bestellen und via WhatsApp auf’s Handy schicken lassen – eine sicher mehr als verlockende Vorstellung für so manche(n) Beschäftigte(n).
Dies dachte sich sich wohl auch Dr. jur. (!) Can Ansay, Gründer und Geschäftsführer der Hamburger Dr. Ansay AU-Schein GmbH, die seit einiger Zeit unter der Internetadresse „www.au-schein.de“ auftritt und eigenen Angaben zufolge mittlerweile bereits über 30.000 Krankschreibungen „für Erkältung, Regelschmerzen, Rückenschmerzen, Stress, Blasenentzündung und Migräne“ gegen einen kleinen Kostenbeitrag ausgestellt hat.
Die Bewerbung ihrer Dienstleistungen unter anderem mit diesen Worten:
„Bei Erkältung erhalten Sie für 9,00 EUR eine gültige Krankschreibung vom Tele-Arzt über WhatsApp und per Post.
Sie sind arbeitsunfähig wegen Erkältung und müssten daher zum Arzt? Hier erhalten Sie Ihre AU-Bescheinigung einfach online per Handy nach Hause! Wenn Sie werktags (Mo-Fr) vor 10:00 Uhr bestellen, versenden wir Ihre AU bis 15:00 Uhr per WhatsApp und per Post. Anderenfalls am nächsten Werktag (Mo-Fr) bis 15:00 Uhr. Beginn der AU ist immer das Bestelldatum.„
hat ihr das Landgericht Hamburg (6. Kammer für Handelssachen) mit einem kürzlich veröffentlichten Urteil allerdings mittlerweile untersagt.
Aus den Gründen:
Die Beklagte organisiert und bewirkt mit dem hier streitigen Verfahren […] eine fortgesetzte Verletzung der ärztlichen Sorgfalt, was sowohl nach § 3a UWG i. V. m. § 25 der Berufsordnung für Ärzte als auch nach § 3 Abs. 2 UWG unlauter ist. Nach § 3 Abs. 2 UWG sind geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten, unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Die Beklagte verstößt auch ihrerseits gegen die unternehmerische Sorgfalt, in dem sie die Erteilung von Krankschreibungen in einer der ärztlichen Sorgfalt widersprechenden Art und Weise organisiert und bewirbt. Dies ist zu einer wesentlichen Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers dergestalt geeignet, dass er eine einfacher zu erlangende Krankschreibung bei der Beklagten erwirbt, anstatt einen niedergelassenen Arzt aufzusuchen.
Rechtswidrig, da unlauter und somit ein Wettbewerbsverstoß. Das ist das eine.
Daneben dürften sich im Zusammenhang mit dem Versenden von Krankheitsdaten via WhatsApp allerdings auch einige datenschutzrechtlich spannende Fragen stellen.
Mit denen allerdings mussten sich die Hamburger Handelsrichter hier nicht mehr befassen…
LG Hamburg, Urteil vom 03.09.2019, 406 HK O 56/19