Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte sich Anfang vergangenen Jahres einmal mehr mit der Wirksamkeit von Freiwilligkeitsvorbehalten in Arbeitsverträgen zu befassen. Mit Urteil vom 25.01.2023 äußerte es sich zu den Grenzen und Bedingungen zulässiger Freiwilligkeitsvorbehalte (Az. 10 AZR 109/22).
Der im Streit befindliche Arbeitsvertrag enthielt folgenden Freiwilligkeitsvorbehalt:
„Die Zahlung von Sonderzuwendungen insbesondere von Weihnachts- und / oder Urlaubsgeld liegt im freien Ermessen des Arbeitgebers und begründet keinen Rechtsanspruch für die Zukunft, auch wenn die Zahlung mehrfach und ohne ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit erfolgt.“
Der Arbeitgeber hatte hier mindestens fünf Jahre lang regelmäßig Urlaubs- und Weihnachtsgeld gezahlt, stellte diese Zahlungen jedoch 2020 ein und führte stattdessen ein KPI-System (Key Performance Indicators) ein.
In einer Mitteilung an die Arbeitnehmer hieß es:
„Der KPI Jahresbonus als Sonderzuwendung ersetzt somit das in der Vergangenheit vorhandene klassische Urlaubs- und Weihnachtsgeld.“
Der Kläger war der Ansicht, dass ihm trotz des KPI-Systems weiterhin Urlaubs- und Weihnachtsgeld zustünden und klagte diese Leistungen ein.
Nachdem das Landesarbeitsgericht (LAG) München dem zunächst erstinstanzlich unterlegenen Kläger im Berufungsverfahren recht gegeben hatte (Az. 11 Sa 95/21), bestätigte das BAG mit seiner Revisionsentscheidung (Az. 10 AZR 109/22) die Entscheidung des LAG.
Aufgrund der mehrjährigen Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld sei ein Anspruch des Klägers aus einer sogenannten „betrieblichen Übung“ entstanden. Der vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalt habe hier das Entstehen einer betrieblichen Übung nicht verhindern können. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt, der so weitreichend ist, dass er spätere Individualabreden über Zahlungen umfasst, benachteilige die Arbeitnehmer unangemessen und sei daher unwirksam.
Wirksam in den Arbeitsvertrag formulieren läßt sich vor diesem Hintergrund ein Freiwilligkeitsvorbehalt allenfalls dann noch, wenn ausdrücklich bestimmt wird, dass spätere Individualabreden von der Vorbehaltswirkung ausgenommen sind.
Das Bundesarbeitsgericht selbst sieht es als vorzugswürdig an, Freiwilligkeitsvorbehalte nicht allgemein auf zukünftige Leistungen anzuwenden, sondern jeweils konkret im Zusammenhang mit einer bestimmten, an den Arbeitnehmer ausgezahlten Leistung zu formulieren. So könnte bei jeder freiwilligen Zahlung im Zusammenhang mit dieser Zahlung auf deren Freiwilligkeit hingewiesen werden, was unproblematisch zulässig wäre.
Das Urteil des BAG hat weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der Freiwilligkeitsvorbehalte in Arbeitsverträgen. Unternehmen sollten ihre Musterverträge und internen Prozesse im Personalwesen an die höchstrichterliche Rechtsprechung anpassen, um nicht Gefahr zu laufen, ungewollt Vergütungsansprüche entstehen zu lassen.