[Beitrag veröffentlicht bei „Der Adversario – Recht der Informationstechnologie“ – Februar 2005]
Dass die EDV mittlerweile auch Einzug in den Arbeitsalltag vieler Angestellter gehalten hat, ist keine Neuigkeit mehr. Längst vorbei sind die Zeiten, da Computer lediglich in den Büros der Verwaltung als simple (Personal-)Datenspeicher oder Abrechnungsmaschinen ihr Dasein fristeten. Da die moderne Technik häufig auch dem firmen- bzw. unternehmens-übergreifenden Informationsaustausch dienen soll, sind die Rechner in der Regel vernetzt und in vielen Fällen auch mit einem Zugang zum Internet ausgestattet. Damit erhalten immer mehr Mitarbeiter die tatsächliche Möglichkeit, das Internet oder e-Mail auch am Arbeitsplatz zu nutzen. Und das wirft unter Umständen einige Probleme auf.Denn die Mitarbeiter nutzen die neuen Medien inzwischen dementsprechend häufig. Eben so, wie sie es zu Hause auch gewohnt sind: Schnell mal per Mausklick die neuesten Ereignisse vom Tag aufrufen, einen kurzen Blick auf’s eigene Konto per online-Banking werfen oder eine e-Mail-Nachricht an die Freundin schicken – um nur einige der Möglichkeiten zu nennen.
Bei den Arbeitgebern ist dieses Verhalten der Mitarbeiter nicht immer erwünscht: Neben zusätzlichen Verbindungskosten werden Mehrkosten auch durch den Arbeitsausfall in der regulären Arbeitszeit befürchtet. Außerdem birgt der ungehemmte private e-Mail-Verkehr ebenso wie jedes Ansurfen einer „unsicheren“ Internetseite Gefahren für die EDV-Infrastruktur der Einrichtung – erst recht das Herunterladen von Inhalten.
Darf man’s oder darf man’s nicht?
Generell steht es jedem Dienstherrn frei, zu bestimmen, ob und in welchem Umfang er seinen Mitarbeitern die private Nutzung erlaubt. Er kann also auch jegliche private Nutzung untersagen, wobei im Einzelfall natürlich fraglich sein kann, ob eine Tätigkeit der privaten oder der dienstlichen Tätigkeit zuzuordnen ist. Als Faustregel gilt: Soweit ein inhaltlicher Bezug zu den dienstlichen Aufgaben besteht und die Nutzung des Internet durch den Mitarbeiter den objektiven Interessen des Arbeitgebers entspricht, ist von einer dienstlichen Nutzung auszugehen. Ob das Vorgehen tatsächlich erfolgreich oder zweckmäßig ist, spielt dabei keine Rolle.
Hier muß man natürlich im Einzelfall abgrenzen: Eine Mitarbeiterin etwa, die sich per Internetrecherche über Einzelheiten zu einer fachlichen Fortbildungsveranstaltung informiert, handelt sicher noch dienstlich, während etwa das Herunterladen von Cartoons zur Belustigung der Kollegen zwar dem Betriebsklima dienen mag, zweifellos aber keinen direkten Bezug zu dienstlichen Aufgaben aufweist…
Zur dienstlichen Nutzung zählt aber auch die Privatnutzung des Arbeitnehmers aus dienstlichem Anlass: Wenn also eine Mitarbeiterin per e-Mail zu Hause mitteilt, dass es wegen notwendiger Überstunden mal wieder später wird, liegt darin trotz des privaten Charakters der Mitteilung keine private Nutzung.
Allerdings: Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich keinen Anspruch auf private Nutzung beruflicher Kommunikationseinrichtungen. Existiert also weder eine Dienstanweisung noch eine entsprechende Dienstvereinbarung oder eine sonstige Regelung über die Handhabung, ist die Mitarbeiterin nicht ohne Weiteres zur Privatnutzung berechtigt.
In vielen Fällen ist jedoch die private (Mit-)Nutzung auch ohne spezielle Regelung auf der Dienststelle allgemein üblich. Insbesondere dort, wo sie seit geraumer Zeit mit offensichtlicher Duldung des Arbeitgebers erfolgt, wird man häufig vom Vorliegen einer sog. betrieblichen Übung ausgehen können, mit der Folge dass der einzelnen Mitarbeiterin das erlaubt ist, was alle anderen auch machen.
Die neuere Rechtsprechung geht zudem zugunsten der Arbeitnehmer davon aus, dass ein Dienstherr, der die private Nutzung definitiv nicht möchte, dies auch ausdrücklich so anordnen muss. In der Konsequenz bedeutet diese Auffassung: Liegt ein eindeutiges Verbot nicht vor, dürfen e-Mails jedenfalls in geringem Umfang auch privat verschickt und empfangen und im Internet „gesurft“ werden. Das ist zwar noch nicht allgemeine Ansicht, wird jedoch zunehmend so gesehen und dürfte sich in der Praxis bald durchsetzen.
Die Grenze zur Unzulässigkeit ist aber stets dort überschritten, wo eine übermäßige Nutzung stattfindet (also z.B. täglich mehrere Stunden) oder wo durch die Nutzung selbst Verbotenes geschieht, so etwa, wenn z.B. rechtswidrige Inhalte heruntergeladen werden.
Einmal ist (meistens) kein Mal…
Wird eine unzulässige Internet- oder e-Mail-Nutzung vom Arbeitgeber festgestellt, muss vor einer Kündigung regelmäßig erst eine Abmahnung gegenüber dem betreffenden Arbeitnehmer ausgesprochen werden. Nur in gravierenden Fällen ist eine fristlose Entlassung ohne vorherige Abmahnung zulässig. Wann dies der Fall ist, wird für vergleichbare Sachverhalte aber von den Gerichten bisher noch durchaus unterschiedlich beurteilt.
Auch beim Nachweis gibt es Regeln
Damit der Arbeitgeber bei unzulässigem privaten Gebrauch von Internet oder E-Mail im Wege der Abmahnung oder gar Kündigung gegen den betreffenden Arbeitnehmer vorgehen kann, braucht er Beweise. Nicht immer wird man den Sünder allerdings zufällig „auf frischer Tat“ erwischen können. Und die gezielte Überwachung der Arbeitnehmer unterliegt gesetzlichen Grenzen, die namentlich das Fernmeldegeheimnis und das Datenschutzrecht setzen: Wurde z.B. die private e-Mail-Nutzung ausdrücklich oder durch allseits bekannte Handhabung zugelassen, ist eine systematische Überwachung grundsätzlich unzulässig.
Eine Ausnahme gibt’s da nur in Fällen, in denen bereits ein konkreter Missbrauchsverdacht besteht. Hier ist eine Protokollierung und Einsichtnahme von e-Mails durch den Arbeitgeber erlaubt, so weit dies vorher bekannt gegeben wurde. Etwas anders sieht es aus, wenn die Privatnutzung generell verboten wurde. Dann ist eine gezielte Überwachung durch den Arbeitgeber erlaubt. Allerdings sind auch hier stets Maßnahmen mit möglichst geringer „Eingriffsintensität“ zu wählen, etwa durch stichprobenartige Kontrollen oder fortlaufende Kontrolle der äußeren Daten wie Zeitpunkt der Absendung und Empfängeradresse.
Rechtswidrig wäre es dagegen, wenn der Arbeitgeber ohne vorheriges Einverständnis der Betroffenen regelmäßig vom Inhalt sämtlicher e-Mails Kenntnis nimmt.
Für die Internet-Nutzung gelten die gleichen Grundsätze: Eine systematische Überwachung und Protokollierung der Internetaktivitäten von Mitarbeitern ist unzulässig, wenn die private Nutzung nicht verboten ist. Im anderen Fall erfolgt eine Kontrolle häufig bereits im Vorfeld durch den Einsatz von technischen Zugangssperren, mit denen sich andere als beruflich veranlasste Nutzungen unterbinden lassen. Dann jedoch bedarf es des Rückgriffs auf individuelle Nutzungsdaten der Mitarbeiter regelmäßig nicht, so dass eine entsprechende umfassende Überwachung ebenfalls unzulässig wäre.
Übrigens: Durch unzulässige Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen erlangte Beweismittel dürfen grundsätzlich nicht verwertet werden. Daraus folgt, dass arbeitsrechtliche Konsequenzen nicht auf Tatsachen gestützt werden dürfen, die auf unzulässige Weise ermittelt wurden. Wird in so einem Fall dennoch gekündigt, wird man sich gegen die Kündigung daher mit einiger Aussicht auf Erfolg rechtlich wehren können.
Fazit:
Wenn’s nicht ausdrücklich untersagt wurde, ist die private Nutzung des Internet in geringem Umfang meistens zulässig, ohne dass es einer ausdrücklichen Erlaubnis bedarf. Unerlaubtes „Surfen“ oder ausschweifende private e-Mail-Kommunikation dagegen kann den Arbeitsplatz gefährden. Neben einer Abmahnung kann in schwerwiegenden Fällen sogar eine fristlose Kündigung drohen. Beim Nachweis eines Verstoßes muss aber auch der Arbeitgeber rechtliche Spielregeln einhalten.